Knut Wolfgang Maron - Frühe Bilder über Landschaften 1979 – 1984

Zur Ausstellungseröffnung am Donnerstag, den 2. April um 19 Uhr sind Sie und Ihre Freunde herzlich eingeladen. Es spricht: Dr. Andreas Steffens.

zone E zeigt frühe Fotoarbeiten im Landschaftskontext eines der Wegbereiter zeitgenössischer Farbfotografie in Deutschland.

 

"Das Universum Knut Marons überrascht weder durch befremdende Formen noch durch neue Sujets. Seine tiefgreifende Andersartigkeit ist nicht mehr Ergebnis eines Abweichens von den bisher zulässigen Grenzen der Kunst. Sie resultiert vielmehr aus einer meditativen Rückkehr der Kunst zu sich selbst, aus einer Vertiefung ihrer zeitlosen Wahrheiten. Knut Maron schockiert uns nicht, er sieht die Dinge nur anders. Die Kunst partizipiert hier nicht mehr an dem Vorwärtsdrang moderner Zivilisation mit ihren technologischen Durchbrüchen und revolutionären Ambitionen. Und genau dadurch befreit sie sich von einer letzten Hörigkeit, nämlich derjenigen, sich der Entwicklung der uns umgebenden Gesellschaft anzudienen, ja sich ihr anzuhängen.

Weil er die Grundgegebenheiten seines Mediums mit der Beherrschung eines neu geschaffenen Universums in Übereinstimmung bringt, hat er es nicht nötig, etwas zu vertuschen oder nachzuweisen. So kommt er zu der Farbenskala, die uns erstaunt und in eine andere Welt versetzt, wo unsere gewohnten Vorstellungen von Altem und Neuem, von Natürlichem und Künstlichem, von Realismus und Traum nicht mehr gelten, da sie durch eine souveräne Vision ersetzt worden sind. "Jean Claude Lemagny

 

"Sich zum Blick machen, zum reinen aufmerksamen Blick, nicht berühren, nicht stören, nicht aufrühren - für Knut Maron ist die ehrfürchtige Betrachtung vielleicht die Haltung menschlichen Seins schlechthin. Auf die Natur, die uns ihre Flüsse, ihre verletzten Eingeweide, ihre Felsen und Bäume entgegenhält, gibt es eine mögliche Antwort: Die Gabe des Blickes."Dominique Baqué

 

Maron studiert Ende der 70er Jahre an der Folkwangschule in Essen in der Klasse Prof. Dr. Otto Steinert und Prof. Erich vom Endt gemeinsam mit Gosbert Adler, Joachim Brohm und Andreas Gursky.

Die vier genannten widmen sich schon früh der Farbfotografie. Wesentliche Prozesse der Auseinandersetzung unter den Folkwangschülern spielen sich dabei im Farblabor in der ersten, von Erich vom Endt an einer deutschen Hochschule 1978 konzipierten, professionellen Farbfotoabteilung ab . Erste Farbarbeiten Marons von 1979 stellt Prof. Ute Eskildsen bereits 1981 im Museum Folkwang aus . Knut Maron erhält neben zahlreichen Stipendien und Preisen 1993 den Leopold Godowsky Jr. Award für Farbfotografie des Photographic Recource Centers , Boston, USA. Knut Maron ist u.a. in folgenden Sammlungen vertreten: im Museum Folkwang, Essen; im Museum Ludwig, Köln, in der Staatsgalerie Stuttgart , im Musée Européen de la Photo, Paris, in der Bibliothèque Nationale de France, Paris, dessen Direktor der Fotosammlung , Jean Claude Lemagny , obige Betrachtungen zu Marons Bildern über Landschaften verfasst. Knut Maron ist seit 1993 Professor für experimentelle Fotografie an der Hochschule Wismar von wo aus er die fotografische Bewegung der Neuen Subjektivität initiiert. Die u. a. in der Ausstellungsreihe „Absage an die Wirklichkeit“ national und international Niederschlag fand und die in den von Marc Grümmert und Ihm konzipierten Ausstellungen „Hauptstrom“ in Berlin und Hilden und „Neue Subjektivität“ im Baumhaus der Hansestadt Wismar Ihre Erweiterung findet. 2007 wurde Knut Maron in die Deutsche Fotografische Akademie berufen.

Die reine Natur

Andreas Steffens

Knut Marons frühe Bilder über Landschaften

 

Auf die politischen Aufregungen des ‚Deutschen Herbstes’, mit denen die unerträglichen 70er zu Ende gingen, folgte die intellektuelle Aufgeregtheit über die ‚Neuen Franzosen’ und die ‚Postmoderne’, mit der die 80er Jahre begannen. Es war die Zeit, als erste Theoriebildungen über das ‚Immaterielle’ und die ‚neuen Medien’ entstanden, und die neueste Ästhetik sich ihrer ältesten Ursprünge in einer nun neu gedeuteten Romantik besann, und die Wiederentdeckung des ‚Erhabenen’ bewies, wie genau altes Denken neue Phänomene erschließen lassen kann.

Es war auch die Zeit, als die Farbfotografie kunstfähig zu werden begann. 1976 hatte das Museum of Modern Art in New York mit seiner William Eggleston-Schau den Bann gebrochen. Von da an gab es die Herausforderung, das inflationär verbreitete Medium der Bildberichterstattung zu einer konzentrierten Ausdrucksform der Bildkunst zu machen.

In dieser Hinsicht erweisen Knut Marons ‚Bilder über Landschaften’ sich in der Rückschau als eine Pionierleistung hohen Ranges. Im ersten an einer deutschen Hochschule überhaupt eingerichteten Farbfotolabor der Folkwang-Schule in Essen entstanden, waren sie auf Anhieb mehr als nur Experimente. In genauer ironischer Umkehrung des Verhältnisses zwischen Motiv und Aussage machten sie aus dem populären Polaroidfoto ein Medium einer nahezu metaphysischen Kriegsberichterstattung aus den Niederungen des kleinbürgerlich-sommerfrischlerischen Naturmissverständnisses.

Sie machen Ernst mit dem ästhetischen Gebot der Bedeutungslosigkeit des Menschen als Motiv des Landschaftsbildes, das Heinrich Wölfflin 1926 in einer Böcklin-Kritik aufgestellt hatte. So, wie Marons Naturbilder Menschen in der Natur zeigen, wird ihre Unzugehörigkeit zur Natur anschaulich. Selbst in einem Massenbild, in dem mehr als 30 Personen erfasst sind, scheinen sie zu verschwinden. Kompositorisch als Figur unentbehrlicher integraler Bestandteil dieser Bilder, ist die Entbehrlichkeit des Menschen als Weltgegebenheit deren Aussage.

In diesem Übersprung metaphysischen Ranges wird der Gehalt jenes ‚Erhabenen’ anschaulich, das die Ästhetik der 80er Jahre mit anthropologischem Akzent wiederentdeckte: so sehr wir Menschen Bestandteil der Natur sind, so sehr befinden wir uns zu ihr in dem Verhältnis einer Fremdheit auf Gegenseitigkeit.

Die bildkünstlerische Emanzipation der Farbfotografie von der Ästhetik des Dokumentarjournalismus geschieht in diesem frühen Werkkomplex Marons anhand der Ausbildung einer extremen Außenposition des Fotografen: der Blick des Bildproduzenten schaut nur noch von außen; der, der sieht, ist nicht mehr Bestandteil der Situation, die er zeigt. Genau darin liegt das erste und wichtigste Kriterium des Fotokunstwerks: zu kommentieren, was es ansichtig werden läßt.

Der Kommentar dieser ‚Bilder über Landschaften’ ist denkbar nüchtern, und dabei von einer verhalten intensiven Schönheit, deren ebenso verhaltene Andeutung elementarer Bedrohlichkeit das romantische Missverständnis der Romantik als Verheimelung der Natur konterkariert: die Welt existiert auch ohne uns; es gibt uns, aber notwendig werden wir erst durch die Position, die wir selbst in ihr einnehmen.